Ein professionell geführter Bestand ist für jeden Händler eine wichtige Voraussetzung, um den Herausforderungen des Marktes begegnen zu können. Ist der bereitgehaltene Bestand zu groß, bindet er zu viel Unternehmenskapital und verursacht unnötige Lagerkosten. Ist er dagegen zu klein, kann die Nachfrage womöglich nicht pünktlich bedient werden. Bestandskennzahlen unterstützen die Lagerverwaltung dabei, die richtigen Parameter für ein gutes Gleichgewicht zu finden.

Diese Themen erwarten Sie hier:

  1. Was sind Bestandskennzahlen?
  2. Welche Lagerkennzahlen gibt es?
  3. Mit den richtigen Bestandskennzahlen zu einem erfolgreichen Bestandsmanagement

Was sind Bestandskennzahlen?

In einer Lager- oder Bestandsverwaltung werden viele Daten produziert. Jeder Artikel wird vom Händler in einer festgelegten Menge erworben, verbringt eine bestimmte Zeitspanne im Lager, wird dann bestellt und zum Kunden geliefert. Gelegentlich wird er auch retourniert und erreicht wieder das Lager. In diesem Prozess entstehen sehr viele Daten: Welche Artikel werden am häufigsten ausgeliefert? Wie lange dauert das Zusammenstellen und Versenden der Pakete? Welcher Anteil der Artikel wird zurückgeschickt?

Bestandskennzahlen helfen die Masse an Daten auszuwerten und zu analysieren. So werden wichtige Informationen über die Leistungsfähigkeit eines Lagers und dessen Verwaltung gewonnen. Langfristig bilden die Lagerkennzahlen effiziente Instrumente, um Prozesse zu optimieren. Besonders in großen Betrieben ist von Nutzen, dass anhand der Kennzahlen – auch KPI für Key Performance Indicator genannt – leicht komplizierte Sachverhalte auf den Punkt gebracht werden können. Zudem lassen sich Vorgänge in der Logistik und im Lager besser mit anderen Bereichen und Unternehmenszielen abgleichen.

Welche Lagerkennzahlen gibt es?

Tatsächlich gibt es viele verschiedene Lager- bzw. Lagerbestandskennzahlen. Der Fokus sollte nicht darauf liegen, möglichst alle zu ermitteln, sondern die zu finden, die Relevanz für die eigene Unternehmenssituation und das eigene Geschäftsmodell haben. Da die meisten Lager mit entsprechender Software arbeiten oder gar vollständig digitalisiert sind, werden viele Zahlen automatisch erstellt.

Wichtig für eine zielführende Betrachtung ist auch, die Kennzahlen nicht einzeln zu bewerten, sondern mehrere in eine Beziehung zueinander zu setzen. Im Idealfall lässt sich aus übergeordneten Unternehmenszielen ein System von verschiedenen Lagerbestandszahlen bilden, anhand dessen nachvollzogen und überprüft werden kann, wie und ob sich das Lager in die gewünschte Richtung entwickelt.

Im Folgenden finden Sie zehn Lagerkennzahlen, die häufig im E-Commerce von Bedeutung sind:

1. Durchschnittlicher Lagerbestand

Diese Kennzahl ermittelt den durchschnittlichen Lagerbestand in einem bestimmten Zeitraum, beispielsweise während eines Jahres oder Monats. Er wird über eine einfache Formel berechnet:

Ø Lagerbestand = (Summe aus Anfangsbestand und Endbestand) / 2

2. Mindestbestand

Der Mindestbestand beschreibt die Menge eines Artikels, die Sie in jedem Fall bereithalten sollten, um Lieferverzögerungen oder -ausfälle ausgleichen zu können. Er orientiert sich in der Regel an der Lieferzeit, dem täglichen Bedarf und dem Sicherheitszuschlag.

3. Optimaler Bestand

Der optimale Bestand dagegen bildet die Artikelmenge, die dem Unternehmen die höchste Rentabilität beschert. Bei ihrer Berechnung werden Nachfrage seitens der Kunden, Lagerumschlag, Produktart, Mindestbestand und Lieferzeit (Lead time) berücksichtigt. Zwar werden hierfür einige Erfahrungswerte benötigt, dennoch sollten Sie früher oder später den Optimalbestand für jeden Ihrer Artikel ermitteln.

4. Durchschnittliche Lagerdauer

Die durchschnittliche Lagerdauer zeigt Ihnen, wie viel Zeit durchschnittlich ein Artikel in Ihrem Lager verbringt. Mit dieser Kennzahl können Sie die Lagerungskosten jedes einzelnen Artikels abschätzen.

Ø Lagerdauer = 360 Tage x Ø Lagerbestand / Jahresverbrauch

oder

Ø Lagerdauer =  360Tage / Lagerumschlagshäufigkeit

5. Umschlagshäufigkeit

Die Lagerumschlagshäufigkeit oder auch Bestandsrotation gibt Ihnen Auskunft darüber, wie oft Ihr Bestand in einem definierten Zeitraum, beispielsweise innerhalb eines Jahres, umgeschlagen wird. Sie hält fest, wie oft ein Artikel den vollständigen Geschäftsprozess absolviert hat. Ihre Kenntnis vereinfacht es, für jeden Artikel den Optimalbestand festzulegen. Lagerleiter können über diese Formel Produkte klassifizieren (z.B. nach der ABC-Methode). Daran kann sich wiederum die Platzzuweisung innerhalb des Lagers orientieren. Produkte, die sehr häufig versandt werden, benötigen einen leicht zugänglichen Platz. Ein zu niedriger oder zu hoher Umschlag weist darauf hin, dass die Bestandsgröße nicht ideal gewählt ist.

Lagerumschlagshäufigkeit = Wert der verkauften Artikelarten / Ø-Wert der Bestände

6. Rücksendequote

Die Rücksendequote legt offen, welcher Anteil der Bestellungen zurückgesendet wurde. Da die Rücksendung im E-Commerce heute in der Regel für den Kunden kostenlos ist, betreffen die anfallenden Kosten das Unternehmen selbst. So ist es wichtig, diese Zahl im Blick zu haben und die im Lager und der Logistik liegenden Gründe dafür ─ wie zu lange Lieferzeiten oder falsch zusammengestellte Produkte ─ zu beseitigen.

Bestandsrücksendequote (in Prozent) = (Anzahl der zurückgesandten Artikel / Anzahl der tatsächlich verkauften Artikel) x 100

7. Sell-through-rate

Welcher Anteil der eingekauften Ware wurde überhaupt weiterverkauft? Diese Rate sollte besonders bei Produkten, die neu im Sortiment sind, regelmäßig geprüft werden, damit die Bestellmenge der Nachfrage angepasst werden kann.

Sell-through rate (in Prozent) = (Menge des verkauften Bestands / Menge des erhaltenen Bestands) x 100

8. Lagerreichweite

Die Lagerreichweite drückt aus, für welchen Zeitraum Ihre Bestandsmenge ausreicht. Diese Kennzahl unterstützt Sie in Sachen Planungssicherheit und vereinfacht die Absprachen mit Ihrem Lieferanten.

Lagerreichweite = Ø Lagerbestand / Ø Verbrauch pro Zeitintervall

9. Kapitalbindung

Ein Lagerbestand bindet einen bestimmten Teil des Kapitals und schränkt damit die Liquidität des Unternehmens ein. Ein Lager, das zu hohe Kosten verursacht, kann so zum Hindernis für andere Investitionen werden. Sie sollten daher auch die Kapitalbindung erheben:

Kapitalbindung = Ø Lagerbestand x Ø Beschaffungskosten

Diese sollten sie schließlich im Verhältnis zu Ihrem Gesamtkapital betrachten. Darauf aufbauend gibt es weitere KPIs, die sich beispielsweise mit Zinsen beschäftigen. Sie berechnen, wie hoch die Zinsen wären, die dem Unternehmen durch die Kapitalbindung des Lagerinventars entgehen.

10. Serviceleistung

Jedes E-Commerce-Unternehmen sollte die passenden Tools ausfindig machen und einen Parameter festsetzen, um die Kundenzufriedenheit zu messen. Das kann anhand von Google-Bewertungen geschehen oder eigenen Umfragen. Wichtig ist aber, einen Eindruck zu bekommen, wie die Lieferzeiten und der Zustand der Ware bewertet werden. Mit einer Kennzahl lassen sich auch hier objektiv Veränderungen nachvollziehen.

Mit den richtigen Bestandskennzahlen zu einem erfolgreichen Bestandsmanagement

Die richtigen Kennzahlen helfen Ihnen, Ihren Bestand zu kontrollieren und zügig anzupassen. Die Zahlen offenbaren Ihnen für jeden einzelnen Artikel die richtige Lagerposition, den Optimalbestand und den perfekten Zeitpunkt zur Nachbestellung. Geschmeidige Abläufe machen es leicht, die Kundenwünsche in einem engen Zeitrahmen und mit der nötigen Sorgfalt zu erfüllen, ohne dass zusätzliche Lager- oder Transportkosten anfallen.

Für alle, die nicht zu viel Zeit in die Analyse und die Zusammenhänge von Kennzahlen investieren wollen, bietet Apiando professionelle Beratung. So optimieren Sie Ihre Lager- und Logistikprozesse mit unserem Know-how und unserer Erfahrung. Mit einer funktionierenden Logistik und einem geschickten Bestandsmanagement, das sich an Ihren langfristigen Unternehmenszielen ausrichtet, sind Sie Ihrer Konkurrenz immer einen Schritt voraus.