Wer als Händler über Amazon Marketplace Produkte verkauft, muss damit rechnen, dass auch andere Anbieter die gleichen Artikel über die Verkaufsplattform des Online-Marktführers vertreiben. So weit, so normal – ärgerlich ist, wenn Wettbewerber mit unfairen Mitteln arbeiten, was besonders chinesischen Händlern auf Amazon gerne unterstellt wird. Was ist dran an diesen Vorwürfen und wie kann man sich erfolgreich gegenüber der Amazon China-Konkurrenz positionieren?

Amazon: „China-Händler“ auf dem Vormarsch dank FBA

Die in den letzten Jahren signifikant gestiegene Verbreitung chinesischer Händler auf Amazons europäischen oder nordamerikanischen Marktplätzen ist untrennbar mit einem Logistikservice verbunden, den Amazon 2006 eingeführt hat: „Fulfillment by Amazon“ (FBA). Mit Amazon FBA werden Marketplace-Händlern Arbeitsschritte der E-Commerce-Logistik abgenommen, darunter Lagerung, Kommissionierung, Verpackung und Versand. Händler benötigen in den Zielländern also kein eigenes Lager, sondern schicken ihre Waren an ein regionales Amazon-Fulfillment-Center, von wo die Bestellung mit dem attraktiven Label „Versand durch Amazon“ schnell zum Endkunden verschickt wird.

Dass enorme Potenzial von Amazon FBA haben gerade chinesische Händler schnell erkannt. Verbraucher in lukrativen Märkten waren auf einmal unter dem vertrauensstiftenden Banner von Amazon ohne großen eigenen logistischen Aufwand direkt erreichbar. Zudem ist mit FBA schnelles Wachstum ohne großes unternehmerisches Risiko möglich. So entstanden chinesische E-Commerce-Unternehmen, deren Marketplace-Umsätze in kurzer Zeit in siebenstellige Bereiche wuchsen.

Der Wettbewerbsvorteil gegenüber lokalen Anbietern wird primär über den günstigeren Preis erzielt. Immerhin: Seit Amazon und andere E-Commerce-Unternehmen selbst für die Hinterziehung von Umsatzsteuern auf ihren Plattformen haften, können ausländische Anbieter zumindest nicht mehr über Steuervermeidung massiv ihre Preise drücken – durch den gesetzlichen Druck stellen die Plattformbetreiber endlich die Abführung der Umsatzsteuer sicher.

Amazon-Händler aus China: Zu Recht unter Generalverdacht?

Zwei Aspekte sollten explizit erwähnt werden: Erstens geht es hier nicht um gefakte oder gehackte Händler-Accounts mit spottbilligen Phantomwaren, die schon allein deswegen nicht versandt werden können, weil es sie schlichtweg überhaupt nicht gibt. Ausschließen lassen sich solche kriminellen Machenschaften auch bei Amazon nicht, aber der Konzern geht im Interesse der Kundenzufriedenheit dagegen vor, so dass in aller Regel dem Käufer kein finanzieller Schaden entsteht.

Zweitens ist an sich gegen chinesische Händler nicht das Geringste einzuwenden, wenn der einzige Vorwurf darin besteht, dass sie hochwertige Originalwaren zu einem günstigeren Preis anbieten – das ist zwar unangenehm für die deutsche Konkurrenz, aber auch völlig legitim. Es soll also keineswegs der mitunter grassierenden Sinophobie das Wort geredet werden; gleichwohl kommt es im Umfeld chinesischer Amazon-Verkäufer gehäuft zu Auffälligkeiten und Unregelmäßigkeiten, so dass die Vorbehalte gegenüber den chinesischen Anbietern durchaus als hausgemacht betrachtet werden können.

Mögliche Probleme mit chinesischen Amazon-Sellern

Fälschungen, minderwertige Qualität der Waren und fragwürdige Methoden, um sich Wettbewerbsvorteile auf Amazon Marketplace gegenüber anderen Anbietern zu erschleichen: Das sind die drei Hauptfelder, auf denen es zu Konflikten mit „China-Händlern“ kommen kann.

Rezensionen auf Bestellung

Im Zuge der Accountsperrungen hat Amazon den betroffenen Händlern konkret vorgeworfen, sich positive Kundenbewertungen über materielle Anreize verschafft zu haben. Das ist seit 2016 explizit per AGB untersagt. So wurde an potenzielle Rezensenten eine Liste von Waren geschickt, aus denen sie ein Produkt wählen konnten. Nach einer positiven Bewertung wurde dem Rezensenten dann der Kaufpreis vom Händler gutgeschrieben. Oder Nutzer erhielten vom jeweiligen Händler Amazon-Gutscheine als Belohnung für positive Erfahrungsberichte. Entscheidend bei diesen Methoden ist, dass zunächst tatsächlich ein Verkauf stattgefunden hat, also das Zertifikat „Verifizierter Kauf“ vergeben werden kann.

Druck auf andere Händler

Seltener wird auf andere Händler direkt Einfluss ausgeübt, damit diese Produkte vom Verkauf zurückziehen – etwa wegen angeblicher Patentverletzungen. Ein mögliches Drohmittel sind negative Rezensionen. Wenn mit den eigenen Waren alles in Ordnung ist, sollte man sich als Händler nicht beunruhigen lassen und das Vorgehen Amazon melden. Mutwillig schlechte Bewertungen, die nur dazu dienen, einem Konkurrenten zu schaden, kann Amazon entfernen und wird dies nach einer Prüfung auch tun.

Produktfälschungen

Die Fälschung von patentierten oder anderweitig markenrechtlich geschützten Produkten ist gesetzlich verboten. Wer als Käufer ein vermutlich gefälschtes Produkt erwirbt, sollte dies unverzüglich Amazon mitteilen. Und auch wenn Händler entdecken, dass Kopien eigener Waren auf Amazon im Umlauf sind, sollte man umgehend einschreiten. Hier kann das Formular zur Mitteilung von Rechtsverletzungen genutzt werden.

Produktmängel

Schlechte Qualität ist ärgerlich – aber nicht verboten. Das unterscheidet den Handel mit minderwertigen Waren grundsätzlich vom Handel mit Fälschungen. Juristisch relevant wird es erst, wenn gesetzlich vorgeschriebene Standards bewusst umgangen, in der EU nicht zugelassene Materialien eingesetzt oder Prüfsiegel gefälscht werden.

Tatsächlich verkaufen chinesische Onlinehändler auf Amazon massenweise Produkte, die europäische Vorschriften verletzen. Wird so etwas bemerkt, ist wieder eine Meldung des Verkäufers an Amazon geboten. Das gilt auch in Fällen, wenn die Produktbeschreibung und / oder die Abbildung auf der Website vom tatsächlich versandten Produkt stark abweichen, also absichtlich ein falsches Foto verwendet worden ist, um Käufer in die Irre zu führen.

Deutsche Händler im Zugzwang – Was kann man tun?

Laut einer Studie des ECC Köln, dem E-Commerce-Ableger des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH), betrachteten im August 2021 über 80 % der befragten deutschen Onlinehändler den Preiskampf mit asiatischen Billiganbietern als schwerwiegende Herausforderung. Eine mögliche Reaktion: der Ausbau von digitalem Know-how. Entscheidend ist dabei, den qualitativen Unterschied eigener Waren zu Billigprodukten deutlich zu machen. Dies kann über optimierte und transparente Produktdatenpflege gelingen, so dass alle Produktdetails schnell erkennbar sind.

Zugegeben: Ein einzelner Händler kann gegen die Flut von Billigprodukten, die den eigenen Geschäftserfolg untergraben, wenig ausrichten. Im organisierten Zusammenschluss können sich einheimische Händler aber durchaus Gehör verschaffen und eine Lobby bilden, um Debatten über strengere Einfuhrregeln zu befördern.

Auf Amazon chinesische Händler filtern?

Ein letzter Perspektivwechsel auf die Verbraucherseite: Ist es für Käufer auf Amazon möglich, chinesische Anbieter konsequent im Vorfeld herauszufiltern? Nicht direkt, denn Amazons Filteroptionen sehen eine solche automatische Ausschlussmöglichkeit nicht vor – das wäre auch diskriminierend. Auch ein „Artikelstandort“-Filter, wie er sich bei Ebay findet, würde wegen des FBA-Service bei Amazon keinen Sinn ergeben – der Artikel ist bei Nutzung von FBA ja bereits in Deutschland.

Wer also auf Amazon europäischen Händlern den Vorzug geben möchte, kommt (noch) nicht darum herum, bei den jeweiligen Artikeldetails dem Verkäufer-Link zu folgen (nach dem Hinweis „Verkauf und Versand durch“), um an die relevanten Informationen zu gelangen.

Für ein persönliches Pre-FBA Angebot oder weitere Informationen kontaktieren sie uns noch heute.