Der boomende Online-Handel führt zu immer mehr Bestellungen und steigenden Ansprüchen der Kunden. Pakete sollen bestenfalls noch am gleichen Tag geliefert werden, zumindest aber in einem Wunsch-Zeitfenster. Die hohen Kundenerwartungen stellen Händler und Logistikdienstleister vor Herausforderungen: Wie lässt sich der Lieferprozess auf der letzten Meile optimieren? Wer sind die Player der Branche? Welche Lösungsmodelle haben sie? Und was ist die letzte Meile überhaupt?

Was ist mit der letzten Meile in der Logistik gemeint?

Die sogenannte “letzte Meile” ist in der Transport- und Logistikbranche der finale Teil des Transportes – im B2C-Bereich meist die Haustür des Kunden. Und dieser möchte eine schnelle, günstige und zugleich sichere Lösung, um seine Bestellung zu erhalten. 

Für Händler und Logistikunternehmen wird das vor allem bei kleineren und vielfältigen Bestellungen zu einer echten Herausforderung, da sich diese weniger bündeln lassen. Daneben ist insbesondere die Zustellung an Privathaushalte zeit- und kostenintensiv – und gerade das korreliert mit dem Kundenwunsch nach einer schnellen und preiswerten Auslieferung. 

Es müssen also Innovationen her, um die Lieferkette auf der letzten Meile insbesondere in Ballungsgebieten zu optimieren.

Warum ist die letzte Meile für die Zukunft des E-Commerce so wichtig?

Der Online-Handel wird immer komplexer – und genau das spiegelt sich auch auf er letzten Meile wider. In der Supply Chain kann die letzte Meile zwischen 15 bis 50 Prozent der gesamten Lieferkosten ausmachen. Eine hohe Prozentzahl, die durch die zunehmenden Bestellungen weiter steigt. 

Kleine Sendungsgrößen, immer mehr Teilladungen, enge Lieferzeitfenster beim Händler und hohe Anforderungen der Kunden an eine 24-Stunden-Verfügbarkeit sind nur einige der Herausforderungen, denen sich die Akteure entlang der letzten Meile stellen müssen.

Sieht man von externen Unsicherheitsfaktoren wie dem Krieg in der Ukraine, Preis- und Zinssteigerungen in Folge der Inflation und Schwierigkeiten mit den Lieferketten einmal ab, zeugt der Lieferprozess selbst von einem erhöhten Innovationsbedarf, wenn Dienstleister wie DHL, UPS & Co. die Big Player der Branche bleiben wollen.

So machen etwa Services wie die Zeitfenster-Belieferung mehr Fahrten erforderlich, sodass es insbesondere zu attraktiven Zeitfenstern wie an Samstagen oder an Wochentagen zwischen 16 und 18 Uhr zu Ballungen der Paketströme kommt. Das führt natürlich auch dazu, dass der Bedarf an immer mehr Fahrern steigt – schließlich müssen die zunehmenden Bestellungen auch ausgeliefert werden. Doch weil diese Jobs nicht gerade attraktiv und die Löhne niedrig sind, fehlt es an Zulieferern. 

Und nicht nur das: In den Städten wird es immer enger. Einschränkungen im städtischen Verkehr im Hinblick auf den Umweltschutz sowie Staus zur Rushhour sind weitere Punkte, mit denen sich die Akteure auseinandersetzen müssen. Bei der Optimierung der letzten Meile geht es daher wesentlich darum, Sendungen zu bündeln, um sie mit weniger Zeit- und Kostenaufwand an möglichst einem Ort abzuliefern. 

Genau das steht aber den Kundenwünschen entgegen und ist damit eine weitere Herausforderung für Logistiker und Händler – denn rund 81 Prozent aller Kunden möchten ihre Bestellungen am liebsten persönlich an der eigenen Haustür in Empfang nehmen. Die Realität sieht jedoch anders aus: In der Praxis sind nur knapp zwei Drittel aller Zustellversuche an der Wohnungstür erfolgreich. In den anderen Fällen ist niemand zu Hause, wenn der Paketbote klingelt. 

Viele Kunden sind Vollzeit beschäftigt und auch in ihrer Freizeit häufig unterwegs, sodass eine erfolgreiche persönliche Zustellung an der Haustür immer schwieriger wird. Da mehrere erfolglose Anfahrten Zusteller belasten und erhebliche Mehrkosten verursachen, könnte sich die persönliche Lieferung zur Haustür zukünftig hin zu einer Premium-Leistung entwickeln.

Unabhängig davon, wo die Bestellung am Ende landet: Kunden wollen stets über den aktuellen Status der Sendung informiert sein. Auch diesem Kundenwunsch müssen Zusteller und Händler nachkommen, indem sie den Konsumenten etwa eine Nachricht über den voraussichtlichen Lieferzeitpunkt zustellen. Doch wie genau sieht das in der Praxis aus? Was bedeutet die letzte Meile für Post und Paketzustellung?

Wie sieht die letzte Meile bei Post und Paketzustellung in der Praxis aus?

Zu den großen Playern gehören in der Kurier-, Express- und Paketbranche (KEP-Branche) die Dienstleister DHL, Hermes, UPS, GLS und TNT. Doch gerade für diese ist es nicht einfach, mit dem starken Wachstum des Online-Handels mitzuhalten. Grund dafür ist, dass sie in den vergangenen Jahren nur unzureichend in den Ausbau der eigenen Infrastruktur investiert haben. 

Die hohen Kundenansprüche, das zunehmende Aufkommen an Paketen und Bestellungen, Zustellungen innerhalb eines Zeitfensters sowie der Ruf nach weiteren Zustellmöglichkeiten sind nur einige der Herausforderungen für die Giganten der Branche. 

So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich die Paketzusteller in ihrem angebotenen Service zum Teil stark unterscheiden. Das spüren Kunden nicht nur an der Häufigkeit, mit der versucht wird, Bestellungen zuzustellen, sondern auch an der Uhrzeit, zu der diese Zustellversuche erfolgen. Auch die Anzahl an Pick-up und Drop-off Points, an denen Sendungen abgeholt und Retouren abgegeben werden können, ist von Dienstleister zu Dienstleister unterschiedlich.

Für jeden Dienstleister der KEP-Branche ist es jedoch wichtig, Prozesse innerhalb der letzten Meile zu optimieren – denn nur so lassen sich die Kunden zufriedenstellen. Und davon profitieren natürlich nicht nur die Konsumenten selbst, sondern auch die Händler – denn ein positives Versanderlebnis führt zu einer langfristigen Kundenbindung.

Welche Trends und Lösungen gibt es für die letzte Meile?

Eine effiziente und optimierte letzte Meile setzt ein durchdachtes und effektives Supply Chain Management voraus. Doch was heißt das konkret? Um den täglich steigenden Zuwachs an Bestellungen in immer kürzerer Zeit ausliefern zu können, setzen Dienstleister auf unterschiedliche Lösungsmodelle: Lastenrad, E-Scooter, Roboter und Drohnen sind nur einige Trends, um den Herausforderungen auf der letzten Meile zu begegnen. 

Neben diesen innovativen und spannenden Lösungen, die zumindest zum Teil noch nach Zukunftsmusik klingen, gibt es weitere Ansätze, um Bestellungen schnell und sicher auszuliefern. Dazu gehören etwa Paketbriefkästen und -automaten sowie Annahme- und Abholshops. Freiwillige oder zufällige Sendungsannahmen von Nachbarn zählen hingegen nicht dazu, da sich diese nicht berechnen lassen und somit nicht in eine verlässliche Kalkulation einfließen können.

Optimierter Auslieferungsprozess

Ein erster Ansatzpunkt, um den Herausforderungen auf der letzten Meile zu begegnen, ist die Optimierung des Auslieferungsprozesses. So ist es etwa möglich, die Routen der Fahrer so zusammenzustellen, dass sie mit möglichst wenigen Stopps möglichst viele Pakete auf einer Fahrt ausliefern können.

Möglich machen das maßgeschneiderte Softwarelösungen, die den Fahrern die benötigten Informationen direkt auf das Smartphone senden. So wissen diese etwa, wann es sich lohnt, direkt mehrere Bestellungen auszuladen, wenn beispielsweise die Hauseingänge der Kunden nah beieinander liegen.

Abholstationen und Paketshops

Abholstationen und Paketshops sind bereits eine verbreitete Möglichkeit, um Endkunden zu beliefern. So gibt es etwa bereits rund 6.000 Packstationen des Dienstleisters DHL in Supermärkten und anderen öffentlichen Orten. Auch Amazon stellt mehr als 1.000 Locker an Tankstellen, Supermärkten, Kiosken und Einkaufszentren bereit, an denen Kunden ihre Sendungen abholen können.

Aber nicht nur für öffentliche Orte sind Abholstationen und Co. ein Lösungsansatz für die letzte Meile. Privathaushalte können Paketboxen nutzen, um bei der Auslieferung der Bestellung nicht persönlich vor Ort sein zu müssen. Für Mehrfamilienhäuser bietet sich beispielsweise eine gemeinsame Nutzung einer Box durch mehrere Mietparteien an.

Persönliche Zustellung im individuellen Zeitfenster

Um dem Wunsch der Kunden nach einer persönlichen Zustellung nach zu kommen, setzen verschiedene Anbieter auf individuelle Lieferzeitfenster. So können sie zugleich sicherstellen, dass der Empfänger zum Lieferzeitpunkt auch wirklich zu Hause ist – und zwar in den Morgen- und Abendstunden. Kunden erhalten vor dem tatsächlichen Liefertermin eine Benachrichtigung auf das Smartphone.

Um das Zeitfenster einzuhalten, identifiziert eine Software die Spitzenzeiten, um so schnell auf einen aufkommenden Verkehrsstau zur Rush Hour reagieren zu können. Mithilfe von Kooperationspartnern lassen sich Schwankungen im Sendungsvolumen und die große Anzahl verschiedener Produkte bewältigen. 

Zustellung via GPS & Key Home Kit

Um mehrfache Auslieferungsversuche zu vermeiden, weil der Kunde nicht Zuhause ist, setzt beispielsweise das Startup Parcify auf GPS. Durch die genaue Lokalisierung des Empfängers wurden etwa in einem Projektversuch in Belgien Zalando-Pakete direkt an den Empfänger ausgeliefert. 

Eine andere Möglichkeit ist das sogenannte Key Home Kit: Der Empfänger kann den Zusteller über ein schlüsselloses System mit Videoüberwachung via App direkt in die Wohnung lassen, wo dieser dann das Paket abstellt.

Zustellung in den Kofferraum 

Auch dieser Lösungsansatz befindet sich noch im Teststadium: Zusammen mit dem Autohersteller Smart hat DHL die Idee des In-Car-Delivery, also der Zustellung des Pakets in den Kofferraum des Autos des Kunden, entwickelt. Damit diese Methode funktioniert, muss das Auto über eine sogenannte Connectivity Box verfügen und innerhalb eines bestimmten Zustellzeitraums in der Nähe der Lieferadresse geparkt sein. Der Zusteller ortet das Auto dann per GPS und erhält eine einmalige, schlüssellose Zugangsberechtigung für den Kofferraum, in den er die Bestellung ablegen kann. 

Getestet haben DHL und Smart dieses Zukunftsmodell für die letzte Meile bislang in Berlin, Bonn, Köln und Stuttgart. Sie sind aber nicht die einzigen, die auf den Ansatz setzen: Auch Volvo arbeitet gemeinsam mit dem Startup Urb-It an einer solchen Kofferraum-Zustellung.

Click & Collect- und Click & Drive

Bereits verbreitet und insbesondere während der Corona-Pandemie häufig genutzt, sind Click & Collect-Konzepte, wie sie unter anderem von IKEA, den Elektronikketten Media Markt und Saturn, Supermärkten wie Netto und Rewe und Deichmann angeboten werden. Beim Click & Collect gibt der Kunde seine Bestellung einfach online auf. Filiale und Zeitraum der Abholung kann er in der Regel selbst bestimmen.

Click & Drive ist hingegen in Deutschland noch vergleichsweise selten anzutreffen, jedoch beispielsweise im französischen Lebensmittelhandel ein häufig verfolgter Ansatz. Wie bei Click & Collect werden die Waren online bestellt und anschließend vor Ort abgeholt. Dafür muss der Kunde jedoch nicht einmal sein Auto verlassen: Per Drive-Through laden die Mitarbeiter die Waren ganz bequem in den Kofferraum des Fahrzeugs.

Innerhalb der beiden Konzepte gibt es Unterschiede, etwa hinsichtlich der möglichen Bezahlung (vor Ort, online). Ob sie sich aber auch nach der Pandemie durchsetzen, bleibt fraglich. Nicht nur sind die Ansätze mit vergleichsweise hohen Kosten verbunden, auch fehlt es insbesondere in den Ballungsgebieten noch an Mitarbeitern in der Logistik. Sie eignen sich daher insbesondere für Händler mit einem größeren Netz an Filialen, die den Service zusammen mit anderen wie etwa Same Day Delivery oder einer dezentralen Lagerung anbieten.

City Hubs

Als umweltschonende Alternative zu bisherigen Lieferkonzepten sind in Großstädten und Ballungsräumen sogenannte City Hubs auf dem Vormarsch. Stillgelegte Immobilien wie etwa leerstehende Parkhäuser und brachliegende Flächen und Parkplätze werden dabei in urbane Logistikstandorte am Stadtrand umgewandelt. Diese eignen sich besonders, weil sie bereits gut an die vorhandene Infrastruktur angeschlossen sind und über ausreichend Platz für die Kommissionierung verfügen.

Die Pakete werden an Mikrodepots gesammelt und von dort aus mit E-Cargobikes (Lastenrädern) oder Sackkarren an die Kunden ausgeliefert – große Lieferwagen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden müssen, sind nicht mehr von Nöten. Lastenräder haben den Vorteil, dass sie robust, reichweitenstark, klein und wendig sind, weder Rad- und Gehwege zuparken, noch in der zweiten Reihe stehen und komplett emissionsfrei unterwegs sind, wenn ihre Akkus mit Strom aus erneuerbaren Energien aufgeladen werden.

Drohnen und Robotik 

Lieferroboter und Drohnen sind zwar noch weitestgehend Zukunftsmusik, werden aber ebenfalls als Lösungen zur Optimierung der letzten Meile gehandelt. Noch sind sie aber eine Nischentechnik. So hat zwar Hermes bereits 2016 in Hamburg die Paketzustellung mit Lieferrobotern getestet – doch entgegen den Versprechungen des Unternehmens sind diese auch sieben Jahre später noch nicht allgegenwärtig in der Logistik. 

Die Roboter sollen vor allem die hohen Personalkosten und den Personalmangel auf der letzten Meile im Lieferprozess reduzieren. Doch gerade der Kostenfaktor spielt heute eine deutlich geringere Rolle als zunächst erwartet. E-Bikes und Navigationssoftware auf dem Smartphone haben dazu geführt, dass vor allem Fahrradkuriere viel effizienter sind als Lieferroboter. Diese benötigten zudem in den Testphasen immer noch einen ständigen menschlichen Begleiter.

Auch wenn sie für die letzte Meile in der Logistik keine bzw. noch keine tragende Rolle spielen, können Roboter dennoch dabei helfen, die Supply Chain zu optimieren. In automatisierten Lagern können sie etwa Bestellungen automatisiert zusammenstellen und verpacken. 

Drohnen sind daneben ein weiterer Ansatz, mit dem Pakete zukünftig schnell und sicher ausgeliefert werden könnten. Staus und Verstopfungen zur Rush Hour interessiert sie schließlich wenig. Auch deren Entwicklung befindet sich trotz erster Einsatzmöglichkeiten zumindest bei den großen Akteuren der KEP-Branche aber noch in den Anfangsstadien.

Fazit

Die letzte Meile stellt Zusteller, Logistiker und nicht zuletzt auch Händler vor Herausforderungen. Um den steigenden Kundenansprüchen nach einer schnellen und kostengünstigen Lieferung nachkommen zu können, müssen innovative Lösungen und Ansätze her. Flexible Transportnetzwerke helfen dabei, verfügbare Kapazitäten zu nutzen und schnellere Verbindungen zu den Kunden herzustellen. 

Digitalisierung und technische Innovationen, eine effiziente Routenplanung und alternative Transportmittel wie E-Lastenfahrräder sind weitere Stellschrauben, mit denen sich die Prozesse entlang der letzten Meile optimieren lassen. Zwar stellen Kunden höhere Ansprüche – sie sind aber auch bereit, für Services wie Same Day Delivery oder eine Zustellung innerhalb eines individuellen Zeitfensters mehr zu bezahlen. Unangefochten auf der Beliebtheitsskala bleibt die persönliche Zustellung an die Haustür.

Welche Rolle Drohnen, autonom fahrende Zustellfahrzeuge und Lieferroboter zukünftig spielen, wenn es um die Optimierung der letzten Meile in der Logistik geht, bleibt abzuwarten. Denn auch in der digitalen Logistik 4.0 geht es nicht ohne Menschen. Wenn Sie nach einem zuverlässigen Logistikpartner suchen, sind Sie bei Apiando an der richtigen Adresse. Kontaktieren Sie uns dazu noch heute.