Die Logistik der Zukunft wird sich eines noch größeren Spektrums an digitalen Technologien bedienen, als es jetzt schon der Fall ist.

Die Zukunft der Logistik beginnt jetzt

210-mal taucht das Wort „digital“ im Koalitionsvertrag der deutschen Bundesregierung auf – der Spitzenplatz unter den Sachbegriffen. Logistiker werden sich höchstens darüber wundern, wie sehr die deutsche Politik der Realität hinterherhinkt. Schon die logistische Gegenwart ist digital und die Logistik der Zukunft, auch gerne als Logistik 4.0 bezeichnet, ist demnach nicht digital, sondern digitaler. Doch welche Trends zeichnen sich genau ab?

Digitalisierung und Logistik in Gegenwart und Zukunft

Eine modernes Logistikcenter ohne funktionsfähige Software-Lösungen für das Lagermanagement, E-Commerce ohne digitale Schnittstellen zwischen Online-Händlern und Fulfillment-Partnern, Supply-Chain-Management ohne Cloud Computing – die Liste ließe sich fortsetzen, aber schon diese drei Beispiel verdeutlichen, dass in Lager-, Transport- oder Distributionslogistik zu Beginn der 20er Jahre des dritten Jahrtausends nichts läuft ohne die Digitalisierung von Arbeitsschritten.

Logistik 4.0 Definition

Wer sich mit Logistik beschäftigt, ist dem Begriff bald begegnet: Logistik 4.0 – da schwingt Innovation und Zukunft mit. Als Wortbildung ist Logistik 4.0 eine Analogie zum Schlagwort Industrie 4.0, womit die sogenannte vierte industrielle Revolution alternativ bezeichnet wird. Industrie 4.0 ist gekennzeichnet durch Vernetzung, Automatisierung, Individualisierung und transparente Prozesse, in die alle Beteiligten – Hersteller, Abnehmer, Partner usw. – informationell und organisatorisch eingebunden sind. Das große Hyper-Schlagwort ist natürlich: Digitalisierung.

Logistik 4.0 kann als Anpassung der logistischen Dienstleistungen an die Anforderungen der Industrie 4.0 beschrieben werden. Man kann es aber auch ambitionierter sehen: Logistik 4.0 ist die Voraussetzung dieser Revolution, indem sie eine umfassende Koordinationsfunktion erfüllt, ohne die eine Industrie 4.0 überhaupt nicht realisierbar ist. Schließlich ist Individualisierung in der industriellen Produktion oder eine Just-in-Time-Economy schon jetzt unmöglich ohne die aktive Mitgestaltung einer modernen leistungsfähigen Logistik!

Eine Logistik 4.0-Vision

Wer für Logistik 4.0 Beispiele sucht, die eine konkrete Vorstellung erleichtern, sollte an das Internet der Dinge denken. Jeder Gegenstand ist mit beliebig vielen anderen vernetzt und der Kühlschrank meldet, wenn etwas fehlt. Er könnte aber auch automatisch Milch nachbestellen. 

Im größeren Maßstab darf man sich Supermärkte, Warenhäuser usw. ausmalen, die mit Logistikzentren digital vollvernetzt sind. Regale bestellen selbständig Waren nach, die dann von Robotern aus vollautomatisierten Lagern in autonom fahrende Lieferfahrzeuge verfrachtet werden. Auch auf Güterbahnhöfen oder in Häfen ent- und beladen Fahrzeuge und Maschinen autonom, während selbstlernende Algorithmen den Verschleiß prognostizieren und für Ersatz sorgen: Zukunftsmusik? Vielleicht, aber hätten Sie sich vor zwanzig Jahren vorstellen können, wozu ein Smartphone heutzutage alles in der Lage ist?

Beispiele für die Logistik 4.0-Vision

Beschaffungslogistik, automatische Wiederbeschaffung

Lagerlogistik, intelligente Regale

Die Logistik-Zukunft ist nachhaltig

Auch das gehört zur logistischen Zukunft: Logistik muss nachhaltiger, grüner, umweltgerechter werden. Behördliche Umweltauflagen einerseits, kontinuierlich steigende Nachfrage nach energiesparenden und ressourcenschonenden Logistikprozessen andererseits: Nachhaltigkeit ist schon lange keine Wahloption mehr, sondern ein Muss.

Reduzierung von Abfall und Transportvolumen, emissionsfreie Antriebstechnologien, Anlagenoptimierung oder Mehrweglösungen: Es gibt viele Ansätze, um den ökologischen Fußabdruck der Logistik zu reduzieren. Viele Unternehmen wollen eigene nachhaltige Ansprüche auch in ihrer Logistik und / oder bei ihren Logistikpartnern verwirklicht sehen und fordern eine klimapositive Supply Chain schon in naher Zukunft. Bei den Logistik-Trends 2022 steht Nachhaltigkeit deshalb an prominenter Stelle. Die Dezember-Ausgabe des führenden Branchenmagazins Logistik Heute hat diesem Thema ein großzügiges Extra gewidmet.

Bei Logistik-Zukunft kommt es daher auf folgende Aspekte an:

  • Behördliche Umweltauflagen
  • Nachfrage nach energiesparenden und ressourcenschonenden Logistikprozesse
  • Nachhaltigkeit
  • Reduzierung von Abfall und Transportvolumen
  • Ökologische Aspekte berücksichtigen

6 wichtige Elemente der digitalen Zukunftslogistik

Darüber, welche technischen Entwicklungen sich konkret in welchen Aufgabenfeldern der Logistik schon in naher oder erst in ferner Zukunft etablieren werden, kann man trefflich streiten (was Experten durchaus tun). Die wahrscheinlichsten Trends haben wir hier zusammengestellt.

  • Künstliche Intelligenz

KI basiert auf selbstlernenden Algorithmen, die Prozesse kontinuierlich analysieren und mit den daraus gewonnenen Ergebnissen optimieren. Bedarfe und Risiken werden vorausgesagt und dadurch proaktives Handeln ermöglicht. Das ist effizienter und kostengünstiger, als erst dann zu reagieren, wenn sich ein Problem schon verfestigt hat. Die Prognosefähigkeit ist daher ein zentrales Element von KI.

Schon jetzt wird KI in Logistiksystemen zur Selbststeuerung eingesetzt. Aber die Möglichkeiten sind vielfältiger und beziehen sich auf die gesamte Lieferkette. Über KI-Lernprozesse könnten Lieferfahrzeuge anhand ihrer „Erfahrungen“ aus dem Straßenverkehr ideale Routen berechnen. Die Grundlage für die Berechnungen und Prognosen von KI ist – unabhängig vom konkreten Einsatzbereich – eine hinreichende Datenmenge oder: Big Data.

  • Big Data

Big Data Analytics, also große Datenmengen zielführend auszuwerten, ist für die Logistik der Zukunft essenziell, um Lieferketten aufrecht zu erhalten, stets Zugriff auf notwendige Ressourcen zu haben, die beste Route zu wählen oder kundenoptimierte Anwendungen zu entwickeln. Möglichst viele Daten fließen in einen Pool, auf den via Cloud Computing alle Prozessbeteiligten Zugriff haben.

Potenzielle Quellen für diesen Pool sind: Betriebsdaten aller involvierten Unternehmen, Daten zu Verkehrs- und Wetterlagen, Daten zum Zustand oder Standort von Fahrzeugen, wirtschaftliche Prognosen oder auch die sozialen Medien, wenn sie zielführend nach Daten untersucht werden, die für logistische Prozesse relevant sein können.

  • Vernetzung

Unter Big Data wurde es schon angesprochen: Datentransparenz für alle Beteiligten entlang der gesamten Supply Chain kann nur über kontinuierlichen gemeinsamen Zugriff auf die Daten gewährleistet werden. Dazu bedarf es einer weitreichenden digitalen Vernetzung, die Datenaustausch ermöglicht und auch etwaige autonome Systeme einbindet.

Eine tiefe digitale Integration mit schnellen Schnittstellen und hochleistungsfähiger Technologie erhöht mit der Transparenz auch die Effizienz. Dadurch lassen sich logistische Prozesse wirtschaftlich – und auch ökologisch – nachhaltiger gestalten.

  • Roboter und Drohnen

Moderne Lager-Roboter sind bereits heute so weit entwickelt, dass sie gemeinsam mit ihren menschlichen Kollegen Aufgaben verrichten können, ohne ein Sicherheitsrisiko darzustellen. Sie bieten Unterstützung bei zentralen Aufgaben, die im Logistikzentrum anfallen, wie das Ein- und Ausräumen, Kommissionieren oder Versenden von Artikeln. Kollaborative Robotik beschleunigt also schon jetzt die logistischen Prozesse – aber ob Roboter menschliche Logistikmitarbeiter, was viele von ihnen befürchten, einmal ganz ersetzen werden, bleibt abzuwarten.

Die fortschreitende Verbesserung der Sensorik und der Antriebssteuerung von Robotern und die stärkere Einbindung von KI wird ihre Einsatzmöglichkeiten aber zweifelsohne erweitern. Auch Flugroboter, also intelligente Drohnen, spielen in den logistischen Zukunftsszenarios eine Rolle: im Lager selbst, für ein visuelles Monitoring der Lieferkette oder als elektronische Postboten auf der sogenannten letzten Meile. Gegenwärtig sind solche Paketdrohnen in Deutschland nicht zugelassen, was sich aber durchaus ändern und so die Logistikbranche merklich verändern könnte. 

  • Autonome Technik

Die populäre Vorstellung von Robotern denkt deren autonomes Handeln gleich mit. Autonome Steuerung spielt aber auch bei der tatsächlichen Weiterentwicklung von Robotern und allen möglichen Assistenzgeräten eine entscheidende Rolle, wobei deren Autonomisierung wiederum nur mit Hilfe von KI möglich ist. Vernetzung, Big Data, Robotik, KI: alles greift ineinander und die logistische Zukunft ist komplex.

Der Hauptvorteil autonomer Maschinen für ein Unternehmen dürfte sein, jederzeit über ausreichend Arbeitskapazitäten zu verfügen. Selbstfahrende Lieferfahrzeuge oder Gabelstapler brauchen keine Ruhezeiten oder Urlaub und kennen keine Beschränkungen durch den Arbeitsschutz. Dass sich deshalb die Personalkosten verringern werden, ist indes ungewiss. Man braucht hochqualifiziertes Personal, um den autonomen Fuhrpark am Laufen zu halten, und das hat seinen Preis. Durch ein im Vergleich zu menschlichen Fahrern „vernünftigeres“ Fahren lassen sich mit autonomen Fahrzeugen aber vermutlich Energiekosten beim Betrieb der Fahrzeugflotte einsparen.

  • Blockchain

Wie für die meisten Wirtschaftszweige ist auch für die Logistik zu erwarten, dass Blockchain-Technologien vermehrt zum Einsatz kommen werden. Blockchains beruhen auf einem digitalen Konsensverfahren, gelten als manipulationssicher und erlauben eine Skalierbarkeit von Transparenz und Vertraulichkeit. Sie sind deshalb für die Verwaltung und Nachverfolgung von Daten aus der gesamten Lieferkette sehr geeignet.

In der Blockchain dokumentieren alle Beteiligten die Transaktionen innerhalb der Lieferkette gemeinsam. Die Auswertungsbefugnisse und Buchführungsrechte können demgegenüber hierarchisiert und an die jeweilige Nutzergruppe bedarfsgerecht angepasst werden. So lässt sich eine insgesamt hundertprozentige Sichtbarkeit der gesamten Lieferkette erreichen, die gleichzeitig individualisierbar ist. Eine solche Transparenz trägt zur Verbesserung signifikanter Parameter der Logistik wie der Liefertreue bei.