Versandverpackungen, individuelle Zustellung oder hohe Retourenquoten: Das alles wirkt sich negativ auf die Umweltbilanz des E-Commerce aus. Gleichzeitig wird Nachhaltigkeit im Online-Handel von Kunden immer stärker nachgefragt und von vielen Geschäftspartnern vorausgesetzt. Und aus ökologischer Sicht wird der Nachhaltigkeitstrend mehr und mehr zur schlichten Notwendigkeit. Wie sich nachhaltiger Versand umsetzen lässt, erfahren Sie hier.

Nachteile von Online-Shopping für die Umwelt

Die Pandemie hat das Kaufverhalten vieler Verbraucher dauerhaft beeinflusst. Die Marktanteile de E-Commerce sind schon vorher gewachsen, aber seit Corona boomt der Online-Handel. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Umwelt. Mit den ansteigenden Sendungszahlen wächst auch das Transportaufkommen und die Anzahl von Verpackungen. Die Verkehrsinfrastruktur wird gerade in innerstädtischen Lagen stärker beansprucht und in Ballungsräumen nimmt die Belastung durch Feinstaub oder Lärm zu.

Versandhandel ist nicht zwangsläufig umweltschädlicher

Dabei ist die E-Commerce-Nachhaltigkeit nicht zwingend schlechter als die des stationären Handels. Wenn durch den Online-Kauf eine Fahrt mit dem privaten Pkw entfällt, können die negativen Auswirkungen auf das Klima sogar geringer ausfallen. Aber das übrige Einkaufs- und Fahrverhalten der Online-Kunden lässt sich von den Versandhändlern und -logistikern nun einmal nicht beeinflussen, weswegen man in seinen Geschäftsabläufen nach Stellschrauben suchen sollte, mit denen man die unternehmenseigene Umweltverträglichkeit optimieren kann.

So wird der Online-Versand nachhaltiger

Die Umweltauswirkungen der gehandelten Produkte selbst liegen in der Verantwortung des Herstellers. Als Einzelhändler können Sie über die individuelle Auswahl von Artikeln für Ihren Versand einen ersten Nachhaltigkeitspunkt einfahren. Der eigentliche ökologische Konfliktherd im Online-Handel ist jedoch die Logistik. Konkret sind es drei Bereiche im E-Fulfillment, die sich optimieren lassen: Verpackung, Versand und Handhabung von Retouren.

Was den Versand betrifft, so soll es hier vor allem um diejenigen Aspekte gehen, die Händler unmittelbar beeinflussen können, sofern sie ihr Fulfillment nicht ausgelagert haben – in letzterem Fall haben sie aber immer noch mittelbaren Einfluss. Andere Punkte, welche für die Nachhaltigkeit der Transportlogistik entscheidend sind, liegen hingegen immer im Zuständigkeitsbereich der Logistikdienstleister, z. B. die Optimierung der Transportprozesse über Flottenmanagementsysteme, umweltfreundliche Fahrzeugantriebe, dezentrale Lagernetzwerke zur Verkürzung von Transportwegen oder nachhaltige Logistikzentren mit Lagerverwaltungsystemen zur Energiereduzierung.

Verpackungen ökologisch nachhaltiger gestalten

Weniger ist mehr – nirgendwo greift dieser Grundsatz so sehr wie bei der Verpackung im Versandhandel. Noch vor der Wahl möglichst umweltfreundlicher Verpackungsmaterialien ist das Vermeiden von unnötiger Verpackung die goldene Regel des nachhaltigen Versands.

Verpackung an die Größe des Produkts anpassen

Werden nur wenige Standard-Paketgrößen eingesetzt, ist das Paket oft viel zu groß für die Ware. Folglich kommt unnötiges Füllmaterial in den Leerraum. Das bedeutet nicht nur zusätzlichen Müll, sondern auch, dass viel Platz im Lieferfahrzeug verbraucht wird. Da viele Händler Pakete verwenden, die zu groß sind, wird mehr Transportkapazität benötigt und zusätzliche Ausliefertouren sind die Folge. Außerdem: Viele Kunden ärgern sich über Riesenpakete, die sie dann samt Füllmaterial entsorgen müssen. Abgesehen vom ökologischen Anspruch des Empfängers und des Händlers: Weniger Verpackung ist per se kundenfreundlich.

Bestellungen bündeln

Je geringer die Menge der bestellten Artikel, desto schlechter ist die Ökobilanz beim Versand. Dies lässt sich nicht vermeiden, wenn Kunden nur ein Produkt bestellen, weswegen Einzelbestellungen einen wesentlichen Konflikt zwischen Online-Handel und Nachhaltigkeit begründen.

Oft werden aber mehrere Artikel in einem Shop bestellt, deren jeweilige Lieferzeit nur marginal voneinander abweicht. Viele Käufer bevorzugen auch dann eine Komplettlieferung, wenn dadurch der am frühesten verfügbare Artikel etwas später eintrifft. Zahlreiche Anbieter haben aber keine solche Wahlmöglichkeit bei den Versandoptionen, die separate Sendung einzelner Positionen ausschließt. Das aber würde Kunden die Wahlmöglichkeit zwischen schnellster und nachhaltigster Lieferung einräumen.

Wiederverwendbare oder -verwertbare Packungen nutzen

Am umweltfreundlichsten wären normierte Versandverpackungen, die sich mehrfach von zahlreichen Anbietern nutzen lassen – wie der standardisierte Mineralwasserkasten der Genossenschaft Deutscher Brunnen. Zugegeben: Das lässt sich flächendeckend und angesichts des internationalen Warenhandels nur schwer umsetzen, weswegen Mehrweg-Behältnisse noch äußerst selten sind. Das Gros der Online-Anbieter arbeitet mit Einwegmaterialien. 

Was jeder jetzt schon tun kann, ist den Plastikanteil bei der Verpackung zu reduzieren und ausschließlich auf recyclingfähige, schon recycelte oder kompostierbare Verpackungs- und Füllmaterialen zu setzen. Kartons aus Retouren oder anderweitig schon benutzte Verpackungen lassen sich wiederverwenden. Viele Kunden bewerten das nicht als unprofessionell, sondern als bewusst nachhaltiges Handeln.

Ein weiterer Trend ist das sogenannte Upcycling, bei dem Altmaterialien für einen anderen Zweck wiederverwendet werden, z. B. Altplastik für Taschen. Ein altes Beispiel hierfür aus dem Verpackungsbereich ist – auch wenn man das früher nie Upcycling genannt hätte – das Senfglas, das entleert und gesäubert seinen Weg als Trinkgefäß in Millionen von Küchenschränken gefunden hat. Auch wenn das Upcycling-Potenzial in der Versandlogistik begrenzt ist, lohnt es sich für Händler, über Verpackungsmaterial nachzudenken, das Kunden wiederverwerten können.

Umweltfreundlichen Versand anbieten

Einige Dienstleister in der Transportlogistik bieten umweltfreundliche Versandmöglichkeiten an, sogenannten klimaneutralen Versand. Die anfallenden Emissionen werden dabei durch Ausgleichszahlungen an Klimaschutzprojekte von „Klimapartnern“ kompensiert. Ob Kunden aber tatsächlich in großer Zahl bereit sind, höhere Kosten für einen nachhaltigen Versand zu akzeptieren, muss sich noch beweisen und darf bezweifelt werden. 

Bei Express-Lieferungen kann man als Online-Händler darauf hinweisen, dass diese Versandoption die am wenigsten ökologische ist und deshalb vom Kunden nur dann gewählt werden sollte, wenn das Produkt wirklich dringend benötigt wird..

Retouren verringern

Laut konservativen Berechnungen der Forschungsgruppe Retourenmanagement an der Uni Bamberg verursachen Retouren in Deutschland jährlich rund 238.000 Tonnen CO2. Dadurch stellen Retouren eine erhebliche Umweltbelastung dar. Retourenmanagement ist deshalb wichtig und beginnt schon mit detaillierten Produktbeschreibungen im Onlineshop, mit hilfreichen Größentabellen bei Bekleidung und qualitativ hochwertigen Abbildungen. Anhand solcher Optimierungen der Angebotspräsentation lassen sich Fehlbestellungen signifikant reduzieren.

Wenn jemand hingegen von vornherein vorhat, von vier georderten Artikeln nur zwei zu behalten, dann ist dagegen kein wirksames Kraut gewachsen – außer: kostenpflichtige Retouren. Davor schrecken allerdings die meisten Händler zurück, um ihre Konkurrenzfähigkeit nicht zu gefährden. Andererseits wäre dies das wirksamste Instrument, um Retouren zu begrenzen.

Marktposition durch Nachhaltigkeit stärken

Die überwiegende Mehrheit der potenziellen Käufer befürwortet gebrauchte Verpackungsmaterialien oder eindeutige Hinweise darauf, welches Kaufverhalten oder Produkt am umweltfreundlichsten ist. 

Online-Anbieter, die den Warenversand ökologisch umsetzen und sich zusätzlich um die Entsorgung, Wieder- oder Weiterverwendung von Verpackungen kümmern, werden im Markt positiv wahrgenommen und können darüber einen Wettbewerbsvorteil erringen. Unabhängig davon sind alle Beteiligten am Online-Handel gefordert, den Beweis anzutreten, dass Nachhaltigkeit und E-Commerce kein Widerspruch sind.