Gemessen an den direkten Folgen eines Krieges, wie menschlichem Leid und Vertreibung, spielt die Logistik natürlich nur eine untergeordnete Rolle, zeigt aber dennoch, wie der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine sich auf die wirtschaftliche Situation hiesiger Unternehmen auswirken kann. Der Artikel fasst mit Blick auf die aktuelle Lage einige Aspekte zusammen, die für Händler und Verbraucher in Deutschland relevant sein können.

Diese Themen erwarten Sie hier:

  1. Logistik in der Krise
  2. Krise in der Ukraine – Erste wirtschaftliche Auswirkungen in Deutschland
  3. Konkrete Auswirkungen auf die deutsche Logistikbranche
  4. Fazit

Logistik in der Krise

Bereits die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden politischen Maßnahmen zur ihrer Eindämmung führten zu starken Unregelmäßigkeiten in der Logistikbranche. Während zunächst aufgrund verschiedener Lockdowns globale Lieferketten unterbrochen wurden und die Nachfrage stark nachließ, schnellte sie im Anschluss daran wieder nach oben. 

In der Folge mangelte es beispielsweise an Containern und Lkw-Fahrern. Auch wenn derzeit die Einschränkungen noch absehbar sind, bedeutet die Krise in der Ukraine die nächste Herausforderung für die Branche.

Krise in der Ukraine – Erste wirtschaftliche Auswirkungen in Deutschland

Erste Folgen bekam die deutsche Automobilproduktion zu spüren, da ukrainische Zulieferfirmen keine Lieferungen mehr durchführen konnten. Bereits Anfang März kündigte VW für die Werke in Dresden und Zwickau einen Produktionsstopp an, aber auch bei Skoda und BMW stockte die Produktion aufgrund fehlender Baukomponenten. 

Nach einer von der Wirtschaftswoche beauftragten Studie sind Maschinenbau, Software und IT, sowie Elektronikkomponenten die Branchen in Deutschland, die momentan am stärksten von der Krise betroffen sind. Auf den Plätzen dahinter folgen Finanzdienstleistungen und Chemieindustrie. Viele der Produzenten beziehen Güter, Rohstoffe oder Materialien aus Russland oder der Ukraine. Allein in der Bundesrepublik handelt es sich dabei um etwa 10.000 Unternehmen, die direkt oder über einen Zulieferer mit einem der beiden Staaten verbunden sind. 

Insgesamt erwartet die ifo Konjunkturprognose für die deutsche Wirtschaft 2022 ein niedrigeres Wachstum, als zunächst angenommen. Als Gründe werden die erhöhten Rohstoffpreise, die Sanktionen gegen Russland, Produktionsausfälle in der Ukraine und die aus Unsicherheit zurückgehaltenen Investitionen genannt.

Konkrete Auswirkungen auf die deutsche Logistikbranche

Neben den Auswirkungen auf die Produktion und die gesamte Wirtschaft gibt es einige, die ganz konkret die Logistikbranche betreffen.

Mangel an Lkw-Fahrern

Viele osteuropäische Speditionen, besonders polnische und litauische, beschäftigen ukrainische Lkw-Fahrer. Angaben des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) zufolge sind etwa 100.000 ukrainische Fahrer alleine bei polnischen Unternehmen angestellt. 

Da diese nun ihre Tätigkeit niederlegen mussten, um die Verteidigung ihres Landes zu unterstützen, wirkt sich das auch auf die deutsche Lkw-Logistik aus. Etwa 7% der in Deutschland im Jahr 2021 durchgeführten Lkw-Transporte wurden von Ukrainern erbracht. Da bereits vor der Krise ein Mangel an Lkw-Fahrern bestand, kann dieser zusätzliche Ausfall die Situation weiter verschärfen.

Steigende Ölpreise

Die von den westlichen Staaten verhängten Sanktionen, um gegen die russische Aggression vorzugehen, haben auch Folgen für die eigene Wirtschaft. Da eine starke Abhängigkeit von russischem Erdgas und Rohöl besteht, kommt es zu weiteren Preisveränderungen auf den Märkten. 

Die BGL (Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V.) stellt auf ihrer Webseite Informationsmaterial zur Entwicklung der Kraftstoffpreise bereit: Demnach ist der Dieselpreis beispielsweise für Verbraucher bereits zwischen Februar 2021 und Februar 2022 um 66,4 Prozent angestiegen; für Großverbraucher – hier bezieht sich der Vergleich auf den Monat März der beiden Jahre – um 33,2 Prozent. Die IKB – Deutsche Industriebank schlussfolgert hieraus eine Erhöhung der Gesamtkosten für Unternehmen im inländischen Fernverkehr von 8,3 Prozent.

Frachtverkehr Einige der Sanktionen betreffen auch den Flug-, See- und Schienenverkehr:

Was den Flugverkehr bzw. die Luftfracht anbelangt, so bestehen bereits einige Einschränkungen: Der Luftraum über der Ukraine und der Republik Moldau ist aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen für kommerzielle Flüge geschlossen. Als eine Reaktion auf die westlichen Wirtschaftssanktionen hat Russland zudem seinen Luftraum für Deutschland und 35 weitere Staaten gesperrt. 

Da Russland hinsichtlich seiner Fläche das größte Land der Erde ist, bedeutet das, dass nun Passagier- und Frachtflüge in asiatische Länder umgeleitet werden müssen. Durch die Sperrung des russischen Luftraums sinken die Luftfrachtkapazitäten angeblich weltweit um bis zu 20 Prozent. Lufthansa Cargo gibt beispielsweise an, dass sich die Flugzeiten nach Japan, Korea oder China um mehrere Stunden verlängern und sich so die Frachtmenge um 20 Prozent verringert. Damit steigen natürlich die Transportkosten.

Für den Transport über Wasser zeigen sich ähnliche Herausforderungen: Die Schifffahrt im Schwarzen Meer und im Asowschen Meer ist durch die kriegerischen Auseinandersetzungen nahezu zum Erliegen gekommen. Internationale Reedereien laufen in vielen Fällen Häfen der Region nicht mehr an. 

Darüber hinaus wurden sowohl europäische Häfen für russische Schiffe als auch russische Häfen für europäische Schiffe gesperrt. Das führt, genau wie beim Flugverkehr, dazu, dass Frachtschiffe Umwege fahren oder auf andere Häfen ausweichen müssen. Auch hier ist mit höheren Transportkosten zu rechnen.

Der internationale Güterverkehr auf der Schiene soll bisher recht wenig betroffen sein, wobei es auch hier im Handel mit Asien einige logistische Anspannungen gibt. Schließlich läuft eine Achse der neuen Seidenstraße aus dem östlichen China durch die Ukraine weiter nach Westeuropa. Bei Produkten aus dieser Region kann es also ebenfalls zu Engpässen bzw. Verzögerungen kommen. 

Die andere Strecke der Seidenstraße führt durch Russland und Belarus und hat – nebenbei bemerkt – im Jahr 2021 ihre Leistung um 60 Prozent gesteigert. Der Hafen Duisburg, der ihren Endpunkt darstellt, meldete bereits erste Auswirkungen durch den Krieg. So hätten Kunden ihre Buchungen storniert, um den Landweg über Russland zu vermeiden oder weil bestimmte Produkte aufgrund der Sanktionen nicht mehr ausgefahren werden dürften. 

Auch wenn der Zugverkehr im Gegensatz zum See- und Luftverkehr noch nicht von direkten Einschränkungen betroffen ist, können sich auch hier langfristig Verzögerungen, besonders im Handel mit Asien, bemerkbar machen.

Fazit

Die Konflikte zwischen der Ukraine und Russland und die politischen Reaktionen anderer Nationen wirken sich in unterschiedlichem Maße auf die globale und hiesige Logistik aus. Unstrittig ist, dass über die globalen Lieferketten die wirtschaftlichen Konsequenzen über die Region hinausgehen. Die Einschränkungen, die mit den Sanktionen einhergehen, führen aufgrund einer komplizierten Logistik oder geringerer Auslastungsmöglichkeiten zu Preissteigerungen. 

Umso wichtiger ist es, dass Online-Händler, die auf eine funktionierende Logistik angewiesen sind, jene Faktoren, die sie beeinflussen können, auf einem hohen Niveau halten: Dazu zählt ein gut geführter Bestand und eine ausreichende Warenbevorratung. Außerdem sollten Händler im Blick haben, bei welchen Produkten es zu zeitlichen Verzögerungen oder Preisveränderungen kommen könnte. Bei Apiando übernehmen wir diese Funktion und sorgen als Fulfillment-Dienstleister für eine reibungslose Abwicklung Ihrer Bestellungen.

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